Die Glocken der Ev. St. Remigiuskirche
Ausarbeitung von C. Peter, Glockensachverständiger des Landeskonservators und der evangelischen Kirche von Westfalen.
1. Zur Geschichte des Geläutes
Von den drei Läuteglocken von 1515, 1699 und 1799 ist nur die einst größte Glocke Maria von 1515 noch vorhanden. Die beiden anderen wurden im 1. Weltkrieg vernichtet und 1923 durch die bestehenden Stahlglocken Monica und Martha (BVG) ersetzt.
Die zweite Glocke von 1699 war lt. Inschrift in Arnsberg gegossen, d. h. als Gießer kommt zu dieser nur B. W. STULE infrage: SEELIG SIND DIE GOTTES WORT HÖREN UND BEWAHREN. LUC. XI 28. IN ARNSBERG BIN ICH GEGOSSEN ALS BERNHARD HAUSEMANN PASTOR WAR VOR DIE EVANGELISCHE LUTHERISCHE GEMEINDE ZU MENGEDE JOHANN GEORG SCHWEEN PHILIPS SCHULTE ZU RÖDDING KIRCHMEISTER ERNST TRAPPE DIEDRICH KRAMPE PROVISORES WAREN. DURCHMESSER 1160mm.
Die kleinste Läuteglocke von 1799 hatte einen Durchmesser von 890 mm und trug die Inschrift: KOMMT IHR LIEBEN LASST EUCH LEHREN UND SAEUMT NICHT EUCH ZU BEKEHREN. MENGEDE 1799. J. W. GIESENBAUER ET J. H. HERPER ET JOH. KERTEN KIRCHMEISTER B. H. PETERS ARMEN-VORSTEHER HAUSEMANN TEWAAG PFARRER WUNNENBERG SCHULLEHRER STAARMANN KÜSTER. EIGENTHUM DER EVANGELISCH-LUTHERISCHEN GEMEINDE ZU MENGEDE. ME FUDIT STOCKY.
Erhalten ist außer der ältesten bronzenen Glocke Maria die ehemalige Uhrglocke der Kirche, ebenfalls von 1699. Sie wurde in den 1930-er Jahren im Dachreiter des Gemeindehauses der Tochtergemeinde Nette aufgehängt und 2020 in die ev. St. Remigiuskirche zurückgeführt. Im Kircheninneren vor dem Nordportal hat sie ihren vorläufigen Standort gefunden.
2. Quellen u. Literatur
a) BALfD (Zusammenstellung von Aufzeichnungen über Glocken aus Dortmund und dem ehem. Kreis Hörde unter Verwendung eines Zeitungsartikels von Dr. Roese, Dortmund aus den 80er Jahren des 19. Jhs.)
b) Glockenlisten 1918 und 1942 (Archiv Denkmalamt).
c) Dr. Eduard Roese: Glockeninschriften aus den Kreisen Dortmund und Hörde (Teil 4). In Dortmunder Zeitung v. 19. 12. 1889.
d) BKW Kr. Dortmund-Land (1895), S. 76
e) Gustav Niemöller: Die Glocken der Grafschaft Makr. In Jb. d. Ver. f.d.ev. Kirchengeschichte der Grafschaft Mark. Jg. 2. Gütersloh 1900. S. 52.
3. Das bestehende Geläute
Glocke | I | II | III | IV |
Name | Monica | Martha | Maria | ehem. Uhrglocke |
Gußjahr | 1923 | 1923 | 1515 | 1699 |
Gießer | Bochumer Verein | Dortmunder Werkstatt | [B. W. Stuhle] | |
Material | Gußstahl | Bronze | ||
Guß-Nr | 7393 | 7413 | --- | --- |
Gewicht | ~2300 kg | ~1400 kg | ~1300 kg | ~80 – 100 kg |
Durchmesser | 1790 mm | 1491 mm | 1275 mm | 482 mm |
Schlagringstärke | 90 mm | 77 mm | 93,5 mm | 34 mm |
Anschlag alt |
|
| 85/89 mm |
|
Schräge Höhe |
|
| 1040 mm | 390 mm |
Schlagton | hº - 3 | d¹ - 2 | e¹ - 5 | g² +3 |
Unterton | dº - 9 | fº - 9 | esº - 0,5 | fis¹ - 1 |
Prime | hº – 1,5 | d¹ – 1,5 | d¹ - 1 | fis² - 7 |
Terz | d¹ - 5 | f¹ - 5 | g¹ - 7- | b² - 1 |
Quinte | b¹ - 9 | cis² - 5- | a¹ + 1,5 | c³ + 1- |
Oktave | h¹ - 3 | d² - 2 | e² - 5+ | g³ + 3 |
Duodezime | fis² + 2 | a² - 9+ | h² - 3,5 | außer Meßbereich |
Nachklingdauer |
|
| ~20/50 | nicht ermittelt |
Bezugston: a¹ = 435 Hz; Abweichungen in 16tel Halbton. Abnahme: 13. 4. 1970/2. 10. 1978/17. 12. 1997, 25. 2. 2004. C. Peter.
Äußere Gestaltung Glocken I (Monica) und II (Martha):
Krone/Kronenplatte: Scheibenkrone
Haube: Leicht abfallend; zur Schulter schmale Rundung.
Schulter: Glocke I: Zwischen je 3 Stegen Inschrift: GEG. V. BOCHUMER VEREIN I. BOCHUM 1923. Bei Glocke II vermutlich die gleiche Inschrift (wegen Unzugänglichkeit nicht festzustellen).
Flanke: Glocke I Inschrift: MONICA. / HALTET AN AM GEBET./COL. 4,2. Glocke II Inschrift: MARTHA. / EINS IST NOT. / LUC. 10,42.
Wolm: Glocke I: 3x3 Stege. Glocke II: Wolmstege abgerostet!
Innen: Guß-Nr.: bei Glocke I und II vergossen.
Äußere Gestaltung Glocke III (Maria):
Krone/Kronenplatte: 6 Henkel u. Mittelöse. Henkel vorn mit seilstab-belegtem Doppelwulst.
Haube: Leicht abfallend, 3 und 2 Stege. Zur Schulter Rundung.
Schulter: Inschrift in gotischen Minuskeln zwischen 2 Hilfslinien und 2 kräftigen Stegen: (gr Rosette) Maria vocor (kl. Rosette) Anno mº dº xvº (kl. Rosette) O vos audite voco vos ad gaudia vite Defunctos plango vivos voco falgura franco [.] In der Chronik übersetzt mit: „Maria heiss ich. O höret, ich rufe euch zu den Freuden des Lebens. Ich beklage die Toten, rufe die Lebenden und breche die Blitze.“
Über der Schrift dünner Steg mit Perlstab; unterer Abschluß: Bogenfries mit stilisierten Blättern an den Enden (wie bei Johannes v. Dortmund, die Bögen hier besonders flach), begleitet v. dünnem Steg.
Wolm: 5 Stege, der mittlere stärker und kantig. Unterer Rand: 3 dünne Linien. Innen: Klöppelöse ab.
Äußere Gestaltung Glocke IV (ehem. Uhrglocke):
Krone/Kronenplatte: 6 Henkel und Mittelöse. Henkel vierkantig, ohne Dekor. [...]
Haube: Leicht abfallend. 3 Stege, zur Schulter Rundung.
Schulter: Großer Lilienfries (kleine Ausführung) auf dünner Linie. Darunter 6 bandartige Stege. Im darauf folgenden Band einige geflügelte Engelsköpfe. Darunter zwischen zwei Stegen Inschrift (Majuskeln): ANNO 1699 SVM FVSA.
Wolm: Drei Stege
Unterer Rand: Drei Stege
4. Glockenstuhl/Joche
Glocken I und II. Zweigeschossiger Holzglockenstuhl, wohl von 1923. Golcke III. Bockstrebenstuhl, vermutlich aus der Zeit der Turmrenovierung (19. Jh.). Querrähm wegen der hohen Stehlager und des mächtigen Stahljoches entfernt und durch Stahlkonstruktion ersetzt. Joche: Stahl. Maschinen HEW.
5. Turmuhr
Ed. Korfhage & S. 1930 (Jz. An der Pendellinse). Gehwerk m. Zwischenaufzug. Autom elektr. Aufzug.
Das Rätsel der Glocke auf dem ev. Friedhof in DO-Mengede ist gelöst
Die neben der Trauerhalle frei stehende Glocke wurde am 30. Januar 1928 unter der Auftragsnummer 7294 im Geläutebuch Nr. 7 (WA 80/9049) für die evangelische Kirchengemeinde Westerfilde durch Pfarrer Stenger in Mengede bestellt. Der Durchmesser beträgt 1016 mm. Der Hauptton der Glocke ist a, der Oberton c und der Unterton ist ebenfalls c. Die Glocke hat die Fabrikationsnummer 1769. Sie trägt die Inschrift „Haltet an am Gebet“. Diese Inschrift ist identisch mit der Inschrift der Glocke Monica im Turm der ev. St. Remigiuskirche in Mengede. Das führte bei vielen Friedhofsbesuchern zu Irritationen. Die Glocke war jedoch für die Luisenkirche in Westerfilde bestimmt. Da im dortigen Turm nicht genügend Platz für die Glocke war, sollte ein zusätzlicher Turm gebaut werden. Das Bauvorhaben konnte wegen fehlender finanzieller Mittel nicht verwirklicht werden. Ein Verkauf der Glocke schlug fehl. Schließlich fand die Glocke, die leider nie zum Einsatz kam, ihren endgültigen Platz nahe der Trauerhalle auf dem ev. Friedhof in Mengede.
Quellen und Literatur
Archiv Bochumer Verein der Alfred Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung
Mengeder Zeitung 1928
Foto Förderverein ev. St. Remigiuskirche e.V.
B. Usbek